Jeder Mensch erlebt gern positive emotionale Zustände wie zum Beispiel Freude, Zufriedenheit, Dankbarkeit oder Liebe. Diese Zustände wirken sich selbstverständlich auch positiv auf unseren gesamten Organismus aus: die unmittelbare positive Wirkung können wir uns selbst vergegenwärtigen, indem wir einen Augenblick innehalten und uns gedanklich mit einer schönen Erinnerung befassen. Je intensiver und realer wir uns diese Erinnerung vor unserem inneren Auge zurück ins Gedächtnis rufen, desto eher machen sich die begleitenden körperlichen Veränderungen bemerkbar: ein angenehmes Gefühl von Wärme oder Zuversicht, positive Gedanken, eine veränderte Körperhaltung und ein Gefühl von Entspannung und Leichtigkeit. Warum positive Emotionen einen so erheblichen Einfluss auf unser körperliches Empfinden haben, liegt in der evolutionären Entwicklung des Menschen begründet und lässt sich relativ kurz mir dem Ziel der Erhaltung der Art zusammenfassen. Dies gilt nicht nur für positive Emotionen, sondern auch für negative: vereinfacht kann man sagen, dass negative Emotionen im unmittelbaren Moment des Erlebens eine evolutionär adaptive Bedeutung haben, während das für positive Emotionen über einen langen Zeitraum hinweg zutrifft. Doch zunächst betrachten wir einmal, inwiefern uns Emotionen dienen und worin genau die Unterschiede in positiven und negativen Emotionen liegen. Mit genau dieser Frage hat sich die amerikanische Psychologie-Professorin und Begründerin der sogenannten „Broaden-and-built-Theorie“ Barbara Fredrickson in ihrer Forschung befasst. Sie untersuchte die Wirkung positiver und negativer Emotionen und entdeckte dabei unter anderem, dass das Erleben positiver emotionaler Zustände unser Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsrepertoire erweitert. Diese Erweiterung führt dann wiederum zur Etablierung neuer Handlungsmuster, neuer Ideen und neuer sozialer Bindungen, wodurch langfristig individuelle physische, soziale, intellektuelle und psychologische Ressourcen aufgebaut werden, die das Überleben des Menschen sichern. Darüber hinaus entwickelt sich durch die erweiternden Qualitäten positiver Emotionen, die übrigens auf mentaler, physischer und sozialer Ebene wirken, eine Aufwärtsspiralendynamik, die zum Erleben weiterer positiver Emotionen und der Aneignung weiterer individueller Ressourcen führt. Damit lässt sich die evolutionäre Bedeutung positiver Emotionen langfristig begründen. Im Vergleich dazu haben negative Emotionen eine kurzfristigere Bedeutung: nämlich im Sinne des sogenannten Fight-or-Flight Modus im Moment des Erlebens. Außerdem führen auch diese – wie Fredricksons Forschung hervorbrachte – zu Veränderungen in der Wahrnehmung. Negative Emotionen haben eine hemmende Wirkung (mit Ausnahme von Wut) und wecken das Bedürfnis nach Rückzug, nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch mental: wir engen unseren Fokus ein und greifen auf routinierte und automatisierte Verhaltensweisen zurück. Neurologische und hormonelle Vorgänge bereiten unseren Körper auf Flucht oder Kampf vor (Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol, verstärkte Versorgung der Gliedmaßen mit Blut, Erhöhung der Herzfrequenz, Bereitstellung von Energie durch Erhöhung des Blutzuckers etc.). Durch diese kurzfristige Adaption können wir auf potenzielle Gefahren reagieren und uns schützen, demnach sind uns – evolutionär betrachtet – sowohl positive als auch negative Emotionen dienlich. Doch wie kann man diese Forschungsergebnisse auf das alltägliche Leben und den Berufsalltag übertragen? Fredricksons Erkenntnisse wurden in mehreren Studien experimentell untersucht, indem positive Emotionen bei den Probanden künstlich erzeugt wurden (z.B. durch Zeigen von Videoclips). Die Untersuchungen zeigten einen Anstieg der generellen Verhaltensimpulse durch das Erleben positiver Emotionen (im Vergleich führen negative Emotionen zu einer passiven Haltung), eine Erweiterung der visuellen Aufmerksamkeit (bessere Wahrnehmung im peripheren Sichtfeld), mehr und kreativere Problemlösungen, abstrakteres Denken durch eine Fokussierung auf das große Ganze sowie eine Verstärkung der sozialen Bindung zu anderen Menschen (Bildung inklusiver sozialer Kategorien und größere Perspektivübernahme). Auch im Kontext der Arbeitswelt lassen sich diese Erkenntnisse integrieren, indem man die emotionale Agilität von Unternehmen fördert. Dies kann dadurch geschehen, dass ein Bewusstsein für und ein achtsamer Umgang mit Emotionen geschaffen wird, da diese zum menschlichen Erleben gehören und ihre Daseinsberechtigung haben. Darüber hinaus kann man Emotionsmanagement als wichtige Führungskompetenz und -aufgabe etablieren und aktiv damit arbeiten, indem beispielsweise bei der Exploration neuer Ideen und Innovationen positive Erlebenszustände aktiv genutzt werden, um Kreativität und Denkvermögen zu steigern. Anhand dieser Erkenntnisse wird deutlich, dass uns positive Erlebenszustände nicht nur gut fühlen lassen, sondern unser Leben auch noch mit vielen weiteren angenehmen Nebeneffekten bereichern.

 

Quelle:

https://wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/new-work/positive-emotionen-erweitern-wahrnehmung-und-denkvermoegen, Zugriff am 26.04.2022

Fredrickson, B. L. (2004). The broaden-and-built theory of positive emotions, The Royal Society, 359, 1367-1377.

Fredrickson, B. L. (2013). Positive emotions: broaden and build. Advances in Experimental Social Psychology, 47.

 

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